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Association for Natural Medicine in Europe e.V.

...für eine naturgemäße Gesundheitsförderung in Europa!

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Europäischer Gipfel der pflanzlichen Gesundheitsprodukte – Welcher Weg führt in die Zukunft?


Brüssel, 20.Februar 2024, Bericht von Nora Laubstein, ANME

Völlig überraschend ereilte mich die Einladung der Gesellschaft für Arzneipflanzen und Naturstoffforschung (GA), und so reiste ich voller Vorfreude zum Gipfel in Brüssel. Die beiden deutschen Bundesverbände der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und Arzneimittelhersteller (BAH) unterstützten diese Veranstaltung. Jüngste politische Entwicklungen wie die neue EU-Pharmastrategie, inklusive Überarbeitung der Arzneimittel-Richtlinie und die geplante neue Verordnung über gesundheitsbezogene Angaben, hatten die Veranstalter zu dieser Veranstaltung inspiriert.

Neben den vier Themen-Panels zu:
1. „Die Zukunft und Bedeutung von pflanzlichen Arzneimitteln in der EU aus Sicht der zuständigen Behörden“,
2. „Auswirkungen der Überarbeitung der EU-Pharmagesetzgebung auf pflanzliche Arzneimittel“,
3. „Wohin steuert der Umsetzungsbericht des EU-Parlaments in Bezug auf die gesundheitsbezogenen Aussagen (Health Claims)?“ und
4. „Regulatorische Herausforderungen für pflanzliche Arzneimittel“
sollte der Gipfel als Plattform für engagierte Diskussionen mit den wichtigsten Interessengruppen dienen.

Der Raum war gut gefüllt und der Präsident der Veranstaltung, Herr Prof. Dr. Michael Heinrich, eröffnete im Namen der 1953 gegründeten GA die Veranstaltung – und setzte das Zeichen: Nahrungsergänzungsmittel (NEM) haben es viel einfacher, um auf den Markt zu kommen! Der Umsatz bei NEM steigt, bei pflanzlichen Arzneimitteln (AM) sinkt der Umsatz. Die gesundheitsbezogenen Aussagen zu NEM seien ohne Evidenz – von daher stelle sich die Frage, gerade auch an die Organe der EU: Welche Evidenz für die NEM, die Health Claims nutzen, ist nötig?

Die nun folgenden Vorträge hatten ein akademisches, fachspezifisches Niveau. Die altehrwürdigen Professorinnen und Doktoren präsentierten in verschiedenen Versionen den Status Quo der bisherigen Gesetzgebung. Sie bestimmten auch in den vier Panel-Gruppen das Thema. Insgesamt habe ich lediglich drei Wortmeldungen aus dem Publikum gehört. Von Seiten der offiziellen EU-Politik war leider niemand erschienen. Zwei Abgeordnete des EU-Parlaments waren als Teilnehmer der Panel-Gruppen gekommen: Ein Arzt von der deutschen FDP (Renew-Europe) und ein Arzt von der deutschen CDU (EVP).

Alle Rednerinnen und Redner stellten zwei Grundforderungen:
a) Die Health Claim-Verordnung muss dringend verschärft werden – und
b) das bedeutet endlich verbraucherbezogene Produktsicherheit und einen Wirksamkeitsnachweis zu gesundheitsbezogenen Aussagen herzustellen!
Diese Forderungen wurden unterschiedlich begründet. Auffällig für mich war die Feststellung, dass lediglich drei EU-Länder über einen ausgeprägten pflanzlichen Arzneimittelmarkt verfügen: Deutschland, Frankreich und Italien! In den anderen EU-Ländern überwiegen die NEM-Produkte. Der Preisunterschied, die Differenz zwischen Mono-Arzneimittel und Kombi-NEM, die extrem aufwendige und kostenintensive Bürokratie der Arzneimittelzulassung und die aufwendige Forschungsarbeit zur Evidenzerbringung wurden hier aufgeführt.

Allerdings ist es auch verwunderlich, dass die durch die europaweite Nachzulassung (1978-heute) erst geschaffene Situation der ins Lebensmittelrecht verschobenen Health Claims für NEM, nun für die Vertreterinnen und Vertreter der rationalen Phytotherapie im Arzneimittelrecht ein Problem darstellt. Genau diese Fachgesellschaften stehen für pflanzliche Monoprodukte mit Anwendungsindikation gemäß dem Leitliniensystem innerhalb der Konventionellen Medizin. Genau dafür haben die wissenschaftlich orientierten Phytotherapie-Vertreter seit Jahren immer strengere Evidenzkriterien und Laboruntersuchungsverfahren eingefordert. Diese Jahrelange Entwicklung findet ihre Entsprechung in einer immer stärkeren bürokratie- und kostenintensiven Ideologie zur vermeintlichen Stärkung von Sicherheit gemäß dem Vorsorgeprinzip.

Bei diesem Gipfel kamen Vertreter der NEM, von Patienten und auch nicht-ärztliche Therapeuten und Anwenderinnen nicht zu Wort. Je länger die Veranstaltung andauerte verfestigte sich der Eindruck, dass sich die rationale Phytotherapie mit ihren Fachgesellschaften schon lange von einer naturgemäßen Denkweise und der Entwicklung von Arzneimitteln für die Heilsysteme der Traditionellen Medizin entfernt hat.

Demgegenüber scheinen sich die NEM aufgrund des einfacheren Marktzugangs wieder zur Situation vor der Nachzulassung zu entwickeln. Die NEM und ihre Nutzerinnen folgen im positiven Sinne dem Bedarf nach einer naturgemäßen Gesundheitsförderung. Der derzeitige Trend innerhalb der Bevölkerung nach Selbstoptimierung und Einsparung von Geld und kompetenter professioneller Begleitung durch Internetnutzung ist sicherlich vorhanden. Jedoch sind gerade der Bereich der Telematik, E-Health und Digital Health Sphere der EU und der staatliche Gesundheitssysteme stark beteiligt.

Die Arzneimittelgesetzgebung führte durch die explosionsartige Anhebung von Kosten und Bürokratie zur Ausgrenzung von nicht-europäischen pflanzlichen Produkten. Damit stellt sie bis heute ein Innovationshemmnis dar. Die europaweite Unterschriftensammlung von über 2 Mio Bürgern zur Überarbeitung der THMPD im Sinne der Traditionellen Heilsysteme und ihrer Heilmittel wurde 2012 ignoriert – sowohl von der EU, als auch von Seiten der rationalen Phytotherapie und deren Fachgesellschaften.

Welcher Weg führt nun in die Zukunft der rationalen Phytotherapie und ihrer pflanzlichen Gesundheitsprodukte?

Ein Verbesserungsvorschlag bestand darin, dass pflanzliche Produkte nicht mehr in NEM vorhanden sein sollten; des Weiteren: Produktinformation der NEM sollen auflisten was im Produkt enthalten ist, und nicht was NICHT enthalten ist; auch für NEM soll gelten: Qualität, Wirksamkeit, Effektivität und Sicherheit durch klinische Belege; die EU-Agenturen EMA und EFSA sollen die gleiche Sprache sprechen; die EU soll endlich handeln und die NEM-Richtlinie von 2002 überarbeiten; Falschinformationen sollen verschwinden.

Meiner Meinung nach ist der Unterschied zwischen der EU-Lebensmittelgesetzgebung und der EU-Pharma-Gesetzgebung gewaltig. Die Rednerinnen und Redner sahen keinen Grund für einen Kurswechsel ihrer eigenen Ansichten und Vorgehensweise. Stattdessen fordern sie ein weiter-so und noch weiterreichende Maßnahmen, damit die pflanzlichen Arzneimittel mit ihren 169 HMPC-Monographien in alle medizinischen Leitlinien und Universitätsausbildungen hineinkommen. Der Tagungspräsident Prof. Dr. Michael Heinrich dankte allen Teilnehmerinnen und Anwesenden für diesen gelungenen Tag und stellte weitere Veranstaltungen in Aussicht.

Mehr Info siehe: Society for Medicinal Plant and Natural Product Research (GA)