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...für eine naturgemäße Gesundheitsförderung in Europa!

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EU-Tierarzneimittelverordnung: Die Änderungen auf einen Blick


Ricarda Dill (BKTD/DGT / Jutta Schröter (VfT) 13.1.2019

Der Text der Verordnung wurde am 7.1.2019 im Amtsblatt der EU veröfffentlicht. Sie gilt ab dem 28. Januar 2022. Sie gilt in allen Mitgliedstaaten der EU unmittelbar, bedarf also keiner Umsetzung durch ein (deutsches) Gesetz.

Geltungsbereich: Die Verordnung regelt Inverkehrbringen, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Vertrieb, Pharmakovigilanz, Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln, Art. 1 Abs. 1.

„Tierarzneimittel“ sind nach Art. 4 Abs. 1 u.a. Stoffzusammenstellungen, die „zur Heilung oder zur Verhütung von Tierkrankheiten bestimmt“ sind.
Art. 4 enthält wichtige Begriffsbestimmungen, z.B. „homöopathische Tierarzneimittel“ (Abs. 10), „der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere“ (Abs. 35) etc..

Es gilt der Grundsatz: „Tierarzneimittel werden in Übereinstimmung mit den Zulassungsbedingungen angewendet.“, Art. 106. Dies bedeutet, dass grundsätzlich Tierarzneimittel nur bei Tierarten angewendet werden dürfen, für die die Zulassung erfolgt ist, und nur für die in der Zulassung beschriebenen Indikationen. Anders formuliert: Ohne tierart- und indikationsspezifische Zulassung keine Anwendung. Gem. Art. 2 Abs. 5 gilt Art. 106 ausdrücklich nicht für registrierte Homöopathika. Daher dürfen Tierhomöopathen weiterhin an Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, registrierte Homöopathika anwenden.

Verschreibungspflicht: Neu ist, dass gem. Art. 34 Abs. 1 b alle Tierarzneimittel für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, verschreibungspflichtig sein werden. Dies ist für nicht-ärztliche Tierhomöopathen (und Tierheilpraktiker) eine erhebliche Verschlechterung der geltenden Rechtslage. Alle zugelassenen Tierarzneimittel, die bisher verschreibungsfrei sind, werden dann verschreibungspflichtig. Dies betrifft alle Arzneimittel, nicht nur homöopathische. Dies macht die Behandlung lebensmittelliefernder Tiere durch Tierheilpraktiker praktisch unmöglich. Dieses generelle Behandlungsverbot dürfte verfassungswidrig sein und das Grundrecht auf freie Berufsausübung und den verfassungsmäßig garantierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen.

Allerdings können die Mitgliedstaaten gem. Art. 34 Abs. 3 Ausnahmen von der Verschreibungspflicht festlegen. Für Ausnahmen von der Verschreibungspflicht müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. " Die Verabreichung des Tierarzneimittels ist beschränkt auf Darreichungsformen, für deren Anwendung keine besonderen Kenntnisse oder Fertigkeiten erforderlich sind;
  2. das Tierarzneimittel stellt auch bei unsachgemäßer Verabreichung kein unmittelbares oder mittelbares Risiko für das behandelte Tier bzw. die behandelten Tiere, für andere Tiere, für die es verabreichende Person oder für die Umwelt dar;
  3. die Fachinformation des Tierarzneimittels enthält keine Warnhinweise zu potenziellen schwerwiegenden Nebenwirkungen, die sich aus einer sachgemaäßen Anwendung ergeben können:
  4. in der Vergangenheit wurden weder über das Tierarzneimittel selbst noch über ein anderes Mittel mit demselben Wirkstoff häufig unerwünschte Ereignisse gemeldet;
  5. die Fachinformation verweist nicht auf Gegenanzeigen im Zusammenhang mit der Anwendung des betreffenden Produkts in Kombination mit anderen Tierarzneimitteln, die üblicherweise nicht verschreibungspflichtig sind;
  6. für die öffentliche Gesundheit besteht auch bei unsachgemäßer Anwendung des Tierarzneimittels kein Risiko durch Rückstände in Lebensmitteln, die von behandelten Tieren stammen;
  7. es besteht kein Risiko für die öffentliche oder die Tiergesundheit durch die Resistenzentwicklung gegenüber Stoffen, auch wenn das Tierarzneimittel, die diese Stoffe enthält, unsachgemäß anwendet wird.“

Es wird vorrangige Aufgabe der Verbände sein, in den kommenden drei Jahren mit Nachdruck darauf hinzuwirken, dass die generelle Verschreibungspflicht für komplementär-medizinische Tierarzneimittel, insbes. für registrierte Homöopathika gelockert wird.

Nach Art.2 Abs.5 gilt eine Reihe von Vorschriften der Verordnung ausdrücklich nicht für registrierte Homöopathika. Die wichtigsten Regelungen in Kürze:

  • Die Vorschriften des Zulassungsverfahrens gelten ausdrücklich nicht für registrierte Homöopathika (Art. 2 Abs. 5 i.V.m. Art. 5 bis 54). Die Vorschriften über das Registrierungsverfahren sind für homöopathische Tierarzneimittel anzuwenden (Art. 85 - 88). Tierarzneimittel, die die Voraussetzung für die Registrierung nach
    Art. 87 nicht erfüllen, müssen das Zulassungsverfahren durchlaufen, Art. 85 Abs. 5.
  • Art. 34 über die Verschreibungspflicht findet volle Anwendung, s.o..
  • Nach Art. 55 und 56 werden registrierte Homöopathika in die neu geschaffene Datenbank der Union für Tierarzneimittel (sog. Produktdatenbank) eingetragen.
  • Die Regelungen über die sog. Pharmakovigilanz (Überwachung der Arzneimittelsicherheit), Art. 73 bis 81, sind anwendbar. Art. 4 Abs. 30 definiert „Pharmakovigilanz“ als „wissenschaftliche und andere Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erkennung, Bewertung, dem Verständnis und der Verhütung mutmaßlich unerwünschter Ereignisse oder anderer Probleme im Zusammenhang mit einem Arzneimittel“. Die EU richtet ein Pharmakovigilanz-System ein, das die Aufgabe der Sicherheit und der Wirksamkeit zugelassener Tierarzneimittel wahrnehmen soll. Hierfür wird eine Pharmakovigilanz-Datenbank eingerichtet (Art. 74).
  • Art. 112 bis 114: Die sog. Umwidmungskaskade, die es Tierärzten erlaubt, in einem sog. Therapienotstand unter bestimmten Voraussetzungen auf nicht für die Zieltierart oder nicht für die Indikation zugelassene Arzneimittel zurückzugreifen, gilt nicht für registrierte homöopathische Arzneimittel, Art. 2 Abs. 5 i.V.m.
    Art. 112 bis 114. Dies erleichtert die Anwendung registrierter Homöopathika durch Tierärzte, v.a bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, erheblich. Bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, tritt hier eine Ungleichbehandlung zwischen Tierärzten und nicht-tierärztlichen Tierhomöopathen auf. Ob und inwieweit diese durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, wird noch zu überprüfen sein.

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