”Alter(n) was geht? Länger Gesund im Job”– Zukunft der Prävention
Autor: Zeynep Sayman, ANME Beirätin
Am 10. Oktober 2012 veranstaltete der deutsche Kneipp-Bund in Kooperation mit dem Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland-DAMID und der Barmer GEK eine gemeinsame Tagung. Die Suche nach tragfähigen Konzepten und Strategien zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit älterer Arbeitnehmer waren das zentrale Thema.
Die Erwerbsbevölkerung in der EU beginnt zu schrumpfen und gleichzeitig ist bereits jetzt ein Viertel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 50 Jahre alt und älter. Die Zahl steigt bis 2015 voraussichtlich auf ein Drittel.
Herr Dr. Matthias Girke vom DAMID betonte in seiner Begrüßungsrede den Wandel unternehmerischer Strukturen als Voraussetzung für die Förderung einer gesunden Lebenswelt am Arbeitsplatz. Er stellte fest, dass neben Bewegung und Pausen, Selbst -Wirksamkeit im Sinne von Sinnhaftigkeit, sowie Verstehen von Zusammenhängen und die Sinnsetzung bei der Arbeit sehr wichtig für den Gesundungsprozess sind. Dagegen erhöhen Perspektivlosigkeit und hierarchische Strukturen die Mortalität. Als Lesetipp zum Thema „Altern“ ist hier das Buch von Henning Scherf: „Grau ist bunt – was im Alter möglich ist“ genannt worden.
Frau Dr. Erika Mezger von Eurofond aus Dublin sprach über die Entwicklungen in Unternehmen in der EU, im Bereich Altersmanagement. In Deutschland ist die Zahl der Erwerbstätigen in der Altersgruppe 55-64 Jahren von 33% (2003) auf 50-60% (2010) gestiegen. Derzeit liegt der europäischen Durchschnitt bei 47,4%.
Angesichts einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung und des demografischen Wandels sind Unternehmen aufgefordert ihre Strukturen zu ändern u.a. bessere Gesundheitsförderung, ergonomische Arbeitsplätze und Alterszeitregelungen anzubieten und Modelle für generationsübergreifenden Wissenstransfer wie bzw. das Peer Learning zu fördern. Auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und von Zuwanderern ist notwendig, um dem demografischen Wandel in der Europäischen Union entgegen zu wirken.
Frau Dr. Ducki, Leiterin des Gender und Technik-Zentrums der Beuth-Hochschule Berlin, eröffnete Ihren Vortrag mit der Einleitung: „Wir werden älter, aber wir werden immer gesünder älter; - aber wir schrumpfen, sprich: Arbeits- und
Leistungsfähigkeit folgt keinem kalendarisch biologischen Determinismus, sondern lässt sich erhalten, fördern und verbessern. Es braucht allerdings spezielle Rahmen- und Randbedingungen.” Die Arbeitsbedingung auf dem modernen Arbeitsmarkt sind geprägt von Erwartungen, wie hoher Flexibilität, Mobilität, Lern und Anpassungserfordernissen. Außerdem entstehen immer mehr Arbeitsplätze mit prekären oder unsicheren Arbeitsbedingungen. Mit Demografie-Strategien der Bundesregierung, Förderprogrammen und Qualifizierungs- Maßnahmen will man den Problemen entgegen wirken und die Betroffenen unterstützen. Die Wirkungserfassung solcher Maßnahmen stellt allerdings auf Grund der raschen Veränderungen in Betriebsstrukturen ein weiteres Problem dar.
„Die selektive Optimierung mit Kompensation“ (SOK; P. B. & M. M. Baltes) ist ein Forschungsprojekt von Vielen, welche sich wissenschaftlich mit dem Thema auseinandersetzten. Modelle von humaneren Arbeitsbedingungen sowie Gesundheitsförderung stehen dem Stellenabbau und der Wirtschaftskrise entgegen.
Für alle Arbeitnehmer wäre viel gewonnen, wenn Unternehmen zur Einsicht gelangten, dass gesunde und zufriedene Arbeitnehmer die Produktivität nachhaltig steigern und nicht jene, die gestresst oder gar krank sind. Respekt gegenüber den Arbeitnehmern und gesellschaftliche Verantwortung sollte sich für Unternehmen nachhaltig lohnen und gefördert werden.
Auf der Internetseite www.demotrans.de finden sich Beispiele von gelungen betrieblichen Umstrukturierungen.
Die Ergebnisse des Barmer Gesundheitsreports 2012 waren Grundlage für die weitere Diskussion. Danach sind die häufigsten Gründe für Arbeitsunfähigkeit: Atembeschwerden, Störungen des Muskel- und Skelettsystems und psychische Störungen. Weitere Ursachen sind: Verletzungen und Vergiftungen, Verdauungsprobleme und Infektionen. Mit höherem Alter nehmen bei Männern Herzkreislauf-Probleme und bei Frauen psychische Erkrankungen zu. Perspektivisch wird in Zukunft mit einem Anstieg von Herzkreislauf und Krebserkrankungen erwartet. Aus demografischer Sicht wird mit einem höheren Krankenstand und längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten gerechnet. Angesichts solcher Erwartungen wird rechtzeitiges Gesundheitsmanagement im Arbeitsbereich umso wichtiger.
Der Work Ability Index beschäftigt sich mit der Arbeitsfähigkeit und sieht diese als Voraussetzung für ein längeres Arbeitsleben. Demnach müssen Arbeitsanforderungen und individuelle Leistungsvoraussetzungen in Balance stehen und miteinander interagieren.
Frau Dr. Dr. Ursula Lehr, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren Organisation (BAGSO), betonte zum Abschluss, dass wir nicht das Älterwerden ändern können, aber dass wir steuern können, wie wir alt werden.
Viele Alterskrankheiten haben ihren Ursprung in der Jugend. Sie sind daher keine Alterskrankheiten sondern „alternde Krankheiten”.