Neues aus Schweiz: Es steht 2:0 für die CAM
Bericht vom 2. Europäischen Kongress für Naturheilkunde, Alternativ- und Komplementärmedizin, 5.- 6.9.2015 in Winterthur - von Nora Laubstein
Auf dem diesjährigen QuinMedica-Kongress im Anton-Graff-Haus trafen sich Anwender, Hersteller, Ausbildungsinstitute und versierte Laien, um zum Thema „Jung & Alt“ Erfahrungen auszutauschen und den gut besuchten Fachvorträgen zu lauschen. Den Startschuss gaben die ausführlichen Grußworte von Michael Künzle (Stadtpräsident Winterthur) und der Kantonsrätin Prisca Koller aus Zürich.
Berufspolitisch konnte dieser Kongress nicht besser terminiert werden: Seit dem 4. September 2015 ist auch der zweite staatlich anerkannte CAM-Beruf in der Schweiz Realität. Seit dem April dieses Jahres gibt es den Beruf „Naturheilpraktiker“ (OdA-AM=Alternativmediziner) – und ab sofort auch den „Komplementärtherapeut“ (OdA-KT)! Damit ist die Schweiz europaweit das erste Land, das über zwei staatlich anerkannte Berufe mit staatlich anerkannten Ausbildungen im Bereich Komplementär- und Alternativmedizin (CAM) verfügt.
Der langjährige Entwicklungsprozess ist umso bemerkenswerter, da hier aus einer privaten Initiative heraus eine staatliche Berufsregelung erfolgt ist. Dieser Weg (Einigung, gemeinsame Entscheidung, Volksbefragung, gesetzliche Regelung, Zusammenschluss von Berufsverbänden Ausbildungsordnung, staatliche Anerkennung) verweist in die Zukunft und führt heraus aus einer ängstlichen Defensivhaltung. Diese beiden Berufe spielen künftig unbeschwert auf…
Was war auf dem Kongress davon zu spüren? Überschäumende Euphorie, Feiertänze oder Umarmungen gab es nicht. Vermutlich freuen sich die leiderprobten Therapeuten innerlich, oder steckt etwas anderes dahinter?
In persönlichen Gesprächen wurde auf die reale Umsetzung verwiesen: Altgediente Praktizierende, seit dreißig Jahre in den Praxen aktiv, stehen nun vor der Frage: Soll ich noch einmal bis zu 46.000,- Schweizer Franken für eine 8-Semestrige berufsbegleitende Ausbildung ausgeben? Was geschieht mit mir wenn ich es nicht tue? Die Älteren denken an Rückzug und die Jüngeren überlegen, für welche Spezialisierung sie sich jetzt entscheiden sollen.
Ein pragmatisches Schlaglicht zum Thema setzte Alexandre Urbach, Vorsitzender des Dachverband XUND in seinem Vortrag „Qualität in der Komplementärmedizin“: Politisch sei die neue Entwicklung unvermeidlich und dringend notwendig – er habe aber auch eine besondere Wertschätzung für ältere Kolleginnen und Kollegen, die die CAM auf den heutigen Qualitätsstand gebracht haben. Nun beginne eine Übergangszeit!
Die zwei hochkarätig besetzten Podiumsdiskussionen spannten den Bogen vom Medikamentengebrauch bis zur natürlichen Geburt. Eine besondere Ehrung wurde dabei dem mittlerweile 90-jährigen Natale Ferronato zuteil. Beharrlich verwies er darauf, wie viele Menschen an Nebenwirkungen und UAWs leiden oder zugrunde gehen. Eine natürliche Geburt in der Schweiz von heute stellt eher die große Ausnahme dar: Lediglich 2% der Geburten finden noch im Geburtshaus oder zuhause statt!
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit traf sich in Winterthur das neu formierte „European Committee for Traditional European Medicine and Naturopathy“ – kurz ECTEM&N. Das Komitee besteht aus Fachleuten der Traditionellen Medizin und Naturheilkunde in Europa. Im Vergleich zu anderen Heilsystemen wie der TCM, des Ayurveda oder der Klassischen Homöopathie ist die Europäische Heilkunde eher unübersichtlich und zerstreut. In den europäischen Staaten gibt es jedoch eine Vielzahl von Kenntnissen und Anwendungen die traditionell noch immer ausgeübt werden. Hierzu soll es eine Aufwertung und Erforschung geben, damit auch diese Verfahren eine gebührende Wertschätzung erfahren. Die aktuelle Entwicklung eines Schweizer Berufes speziell für die TEN (Traditionelle Europäische Naturheilkunde) wurde ausführlich besprochen.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der 2. Europäische Kongress in Winterthur ein lebendiger und zeitgemäßer Impuls auf der europäischen Landkarte geworden ist!
Mehr Informationen zum Vortragsangebot, den Referenten und medialen Impressionen finden Sie unter: www.naturheilkundekongress.ch und www.quinmedica.ch