2014-2020 EU Gesundheitsprogramm Konferenz, Brüssel, 30. September 2019
Bericht von Nora Laubstein
Impfen, das Impfen bringt uns Segen, impfen, je mehr, desto besser, impfen das muss sein, ja das ist fein!
- mit diesem frei übersetztem, aber aufwendig produzierten Propaganda Film startete die eintägige Veranstaltung von CHAFEA, der kommisionseigenen Agentur für Verbraucher, Gesundheit, Landwirtschaft und Lebensmittel, die ihren Sitz seit 15 Jahren in Luxembourg hat. CHAFEA
Alle, die noch Rang und Namen im Gesundheitsbereich haben, waren gekommen. Der EU Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis hielt seine Abschiedsrede, dankte allen Anwesenden und den circa 7000 Organisationen und verwies stolz auf das Erreichte. Ein Hauch von Reflexion, in EU-Kreisen sonst völlig unüblich, wehte durch den Saal! Er betonte, dass unter dem Slogan „Gesundheit in allen Politikbereichen“ ein neues ökonomisches System, die Evidenz-Basierung, die personenbezogene Pflege, die Digitalisierung der Gesundheit und die erweitere Kooperation innerhalb der EU angestoßen worden seien.
Er hob hervor, dass der Europäische Sozialfond Plus (ESF+) in erster Linie für zwei Bereiche gedacht sei: 1. Prävention (Impfung) und 2. Gesundheitsversorgung (Zugang zur Versorgung). Er betonte, dass der ESF+ für die neue Periode 2021-2027 über ein Budget von 130 Mio Euro verfügt. Darin enthalten sind die Programme für „Horizon Europe“, “Krebserkrankung“ und „Digitalisierung“. Andriukaitis verwies zum Schluss auf zwei von der EU-Kommission gegründete Bündnisse zum Kampf gegen die Resistenzen von Antibiotika (JAMRAI) und für den Ernährungsbereich (JANPA). Dann verlies er unter tosendem Beifall das Rednerpult.
Daraufhin begann ein Themenblock zu den Höhepunkten des laufenden Gesundheitsprogrammes. Die TeilnehmerInnen und Präsentationen können unter dem folgenden Link eingesehen werden: Highlightssession
Die folgende Diskussionsrunde zum Thema „Die zukünftige Gesundheitsförderung der EU“ leitete die Direktorin von DG SANTE, Frau Anne Bucher. Auch hierzu hat CHAFEA einen ausführlichen LINK zur Verfügung gestellt: Future-EU-funding-for-Health
Nach der Mittagspause gab es die vier Parallel Sessions, siehe die folgenden Links:
OBJECTIVE 1
OBJECTIVE 2
OBJECTIVE 3
OBJECTIVE 4
Kommentar
Beeindruckend und lehrreich war diese Abschiedsveranstaltung der „alten EU-Kommission“, auch wenn von den „Neuen“ mit keiner Silbe gesprochen wurde. Wie breit die EU in Gesundheitsfragen aufgestellt ist und mit welchem Personal, bei dem sonst niemals ein Termin zu bekommen war, hier aufgefahren wurde! Einige Ansätze der neuen Kommission sind zu erahnen: Das Budget ist massiv geschrumpft – es werden nur noch 20% des bisherigen Budgets zur Verfügung stehen. Der Brexit und andere wirtschaftspolitische Veränderungen werden voll durchschlagen. Als bedeutende Herausforderungen wurde Begriffe wie „Resilienz, Effektivität und Zugang zur Versorgung“ genannt, sowie die „Transformation der nationalen Gesundheitssysteme“. Generell standen bei vielen RednerInnen die Nationalstaaten der EU im Focus. Das bedeutet, dass sich die EU generell aus dem Gesundheitsbereich etwas zurückziehen wird; sich dabei aber einerseits stärker an der Weltgesundheitsorganisation WHO orientieren und andererseits den Ansatz „Gesundheit in allen Politikfeldern“ verstärken wird.
Neu wird auch sein, dass der verbleibende Gesundheitsbereich ins EU-Kommissariat „Arbeit und Soziales“ integriert werden soll. Hierfür wird ein neues Generaldirektorat „DG Structural Reform Support gebildet“, welches das „Unterstützungsprogramm für Reformen-RSP“ weiterführen soll. Hiervon sind Gesundheitsdienstleistungen (inklusive Notfallversorgung) und Infrastruktur in erster Linie betroffen.
In Bezug auf das „Horizon Europe“-Programm wird insbesondere auf die 17 Nachhaltigkeitsziele verwiesen, die weit in den Sozialbereich hineinreichen. Die zweite Säule dieses Programmes liegt in den gemeinschaftlichen Forschungszentren (Joint Research Center). Ein weiterer Schwerpunkt soll in der „integrierten Versorgung“ liegen. Auf der Basis von Evidenz-Basierung sollen die Vermittlung von Kenntnissen, Kompetenzstärkung und Planung die Gesundheitssituation der EU-Bürger verbessern. Als wichtiges Mittel werden hierzu die Telematik und der Zugang zu Gesundheitstechnologie gesehen.
Was könnte dies für die CAM bedeuten? Verschiedene CAM-Verfahren und deren AnwenderInnen können sich auf die Position der WHO konzentrieren, jedoch gleichzeitig Entwicklungen wie die „integrierte Versorgung“ oder die nationalen Gesetzgebungen mehr betonen. Was im staatlichen Public Health-Bereich an Transformation geschieht, zeigt ein weiteres Mal die Bedeutung eines freien, zweiten Marktes. Inwieweit die CAM-Verfahren und ihre Gesetzmäßigkeiten mit der Digitalisierung und der Telematik zusammenpassen, muss sich zeigen. Im Gespräch am JAMRAI-Infostand (AMR) stellte sich heraus, dass eine „Individuelle Immunitätsstärkung“ und der Bereich „Darm und Ernährung“ in einem ganz anderen Politik-Bereich angesiedelt seien…und die EU Kommission hat bereits für jeden Bereich ein Programm. Dann bin ich ja beruhigt und schaue da mal nach…